END-LOS-SCHAM-(EIN)-LOS. EIN BESONDERER TAG.


Ein ganz besonderer Tag. Zuerst um 11:00 probten die Menschen hier den Einsatz vom Notsignal im Falle eines Notfalles. Wir waren gerade am Weg zum WANNSEE. Seen unsere Leidenschaft in den ersten beiden Wochen. Doch diesmal gings nicht zum Schwimmen oder Sonnenbaden. Übrigens – strahlendes Wetter und blendende Stimmung.
Wir starten mit der GEDENK UND BILDUNGSSTÄTTE HAUS DER WANNSEEKONFERENZ (www.ghwk.de). Mit dem Bus dab S-Bahn-Station Wannsee dorthin. Viele Schüler mit den Lehrpersonen im Bus. Alte Menschen. Das Haus mit dieser geschichtsträchtigen und wahnsinnigen ENDLÖSUNG als Produkt des Bösen schaut überhaupt nicht danach aus. Eine schöne, prächtige Villa. Der Eintritt ist frei. Und was sich in einem Erdgeschoss an menschlichen Scheusslichkeiten darlegt, wirft Seele, Geist und Körper nach 3 Stunden in eine andere Umlaufbahn. Anders als bei den jüdischen Museen (Berlin, Wien) ist hier – der Deutsche Staat trotz vorhandener Widerstände rigoros und schonungslos mit der WAHRHEIT umgegangen. FAKTISCH „Ich finde Österreich könnte sich von dieser Schonungslosigkeit etwas abschauen!“ Die Bilder, die Tondokumente, die Rahmenbedingungen und die Schriftlichkeit von allem machen fasssungslos. „Verleugnen zwecklos“ – Auch die geringen – juristisch verhängten Strafen für die 15 teilnehmenden Männer – ein Hohn. Was ist in diesen Männern vorgegangen, aus unterschiedlichen Familien, Ständen und mit differenzierten Vitas. Wir schauen uns jeden genau an. Einer – der Weinhändler OTTO HOFMANN ist sogar in INNSBRUCK geboren.
Diese und viele andere haben, das was sie getan und mitzuverantworten „schöngeredet“ und geleugnet. SCHAMLOS. „Fühlten sich unschuldig!“ Unfassbar. ADOLF EICHMANN wurde vom Mossad aufgespürt und letztlich nach einem aufsehenerregenden Prozess hingerichtet. Auch darüber gibt es einen Film. ROBERT KEMPNER (https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Kempner), seiner Sekretärin und dem Zufall, dass es nicht wie vieles andere aus der Nazizeit vernichtet wurde4, ist es zu verdanken, dass das Protokoll der WANNSEEKONFERENZ gefunden. Einzelschicksale zuhauf. Von Joseph Wulf bis zu geschätzten 14-16 Millionen MENSCHEN die durch die Nazis vernichtet wurden. Und viele, wenn nicht alle haben mitgemacht. Kempner spricht im Zusammenhang der Prozesse rund um die Täter, die bei der WANNSEE Konferenz zugegen von fehlender Scham und Reue und einer wahren Flut von ehemaligen in Positionen, die versuchten zu verschleiern, verhindern und zu verniedlichen. Letztlich kann man das gesamte Protokoll (16 Abschriften/30 Kopien) nachlesen und auch die Formulierung „ENDLÖSUNG der Judenfrage“ als Themenüberschrift läßt erschauern.
https://www.ghwk.de/fileadmin/Redaktion/PDF/Konferenz/texte/dokument_spiegel_1.pdf
Beeindruckend beim Rundgang. Ein Lehrer, vermutlich Holländer erklärte seinen SchülerInnen trivial und einfach, wie schnell ohne TOLERANZ eine kleine Ausgrenzung passieren kann. Und die Saat für mehr gelegt wird. Eine alte, stockgestützte Frau hinter mir, die gerade 30 Sekunden Filmeinspielung des frenetisch gefeierten Auftrittes zur JUDENVERNICHTUNG von Adolf Hitler gehört hatte, drehte sich zu ihren beiden jüngeren Begleitern und meinte “ Genuuuug!!! – wir gehen. Wir haben selber …“ Den Rest habe ich nicht mehr verstanden. Die Generation der Opfer und Täter sind fast ausgestorben. Die Nachkommen müssen damit zurechtkommen. Wir. Und der Besuch ist eine Stärkung des TOLERANZgedanken, des eigenen WILLENS, von eigenem RÜCKGRAT und LOYALITÄT den Menschen gegenüber. Wir wandern hinaus. Durch den Park. Hängen den Gedanken nach. „Was, wenn in meiner Verwandschaft Täter, Mittäter dabei waren …?“ Reden darüber. Die Sonne scheint. Nichts Ungewöhnliches an  diesem Ort. Vorne der Wannsee. Gegenüber – auf der anderen Seite das Strandbad.
Wandern weiter zur 7-Minuten entfernten LIEBERMANN VILLA (www.liebermann-villa.de) „Sie müssen in der Liebermann-Villa auf der Terasse sitzen und einen Tee trinken!“ hatten uns wochen-zuvor zwei Berliner beim Spandauer Weinfest gesagt. Wir tuns. Die Liebermann-Villa am Wannsee ist das ehemalige Sommerhaus des Malers Max Liebermann (1847-1935). Ein besonderer Ort, der mit dem heutigen Kunstmuseum und denkmalgeschützten Garten an die Geschichte der Familie Liebermann erinnert. Das Museum wird von der Max-Liebermann-Gesellschaft getragen. Eintritt war deshalb 10 EURO pro Person. Der Kaffee hat irgendwie nicht geschmeckt. Unsere Köpfe waren noch woanders. Ein Rundgang durch den Garten und die kleine Ausstellung – ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Nehmen den Bus zurück. Und spechen noch länger DARÜBER.
SEITENWECHSEL….

CHRISTINE & THE QUEENS.

Wir fahren in die Warschauer Straße. VERTI MUSIC Hall. Keine besondere Gegend. Aber man hat rund um die EAST SIDE GALLERY einfach ein Veranstaltungszentrum gebaut. Near der ehemaligen Mauer.  MERCEDES ARENA – da findet zur gleichen Zeit ein Konzert der Gruppe TWICE aus Korea statt. Viele Junge – mit einem leuchtenden „Pümpel“ in der Hand – was immer. Wir sind in die VERTI MUSIC HALL eingebucht. CHRISTINE & THE QUEENS. Halle groß – hier finden scheinbar auch die Basketballspiele statt. Nüchtern. Aber am Ende gut gefüllt. 4.500 Zuschauer haben platz. Es ist nicht ausverkauft. Aber viele fehlen nicht. Wir sind gespannt. Wie eine Feder. In der Früh im TAGESSPIEGEL gelesen:
In der Redaktion wunderte man sich, dass es für dieses Konzert tatsächlich noch Tickets gibt. Umso besser für alle Spontanen unter den Berliner:innen. Denn Christine And The Queens sind auf Platte schon eine gute Sache, live jedoch ist das, was Frontperson Chris abliefert, nicht weniger als eine Offenbarung. Seine aktuelle Show bestreitet der französische Künstler alleine und bringt eine Mischung aus Spoken Word, herrlichem Gesang und Tanz auf die Bühne. Wie auf dem aktuellen Album „Paranoia, Angels, True Love“ (2023) wird Realität und Binarität hinterfragt, über das Transzendentale sinniert, Grenzen werden aufgebrochen. Das mittlerweile vierte Studioalbum des Projekts ist Teil eines Triptychons und wurde zu Recht international gefeiert. Es entstand nach Schicksalsschlägen des Künstlers und ist sein bisher persönlichstes Werk. Chris, aka Redcar, fordert sein Publikum heraus, wühlt es auf, um es anschließend wieder zu beschwichtigen. Das Ergebnis: intensiver Pop, eine Show, die ihresgleichen sucht, und entsprechend staunende Besucher:innen.
JAAAA! Es ist ein noch nie gesehenes Feuerwerk. Man könnte auch sagen, weil wir weit hinten (auf Höhe der Technik) gestanden, viele Menschen – laut Marlis in Deutschlang soooo groß sind – und wir nicht alles gesehen haben. Umso mehr gehört. SENSATIONELL. Eine Performance – wie ein Gedicht, eine Geschichte, ein POEM. Schlachzeuglastig. Bombastisch. Nebulös. Die Themen PARANOIA. ANGELS und TRUE LOVE. Was für ein Spektakel.  Der Musik-Express schreibt vorab:
Man muss es hören, um es wirklich zu glauben: Drama, Pop, Poesie, eine große Prise Madonna! So hat der MUSIK EXPRESS die letzte Platte rezensiert.
Jetzt wird’s intensiv. Nach zwei tollen ersten Platten zwischen Frenchpop und Michael-Jackson-Pastiche, der atmosphärischen EP LA VITA NUOVA sowie dem verwirrenden Prolog-Album REDCAR LES ADORABLES ÈTOILES aus dem vergangenen Herbst veröffentlichte Chris jetzt sein Meisterstück: PARANOÏA, ANGELS, TRUE LOVE – drei Akte, 20 Songs, 97 Minuten Spielzeit, abendfüllend. Lose orientiert sich das Album (wie schon REDCAR) am Theaterstück „Angels in America“ von Tony Kushner, ein Drama über die US-Queerkultur in den 80er Jahren, im Zeichen von AIDS und Reagans Konservatismus. Chris hat das Album in drei Akte eingeteilt, doch man sollte nicht versuchen, dort nach Logik zu fahnden, wo es um Instinkte geht. Der Sänger, Songwriter, Tänzer erfindet seine Musik durch das Ausleben seiner Gefühle, die geprägt werden vom Tod seiner Mutter, vom Ende einer Liebe, von seiner vorerst abgeschlossenen Gender-Transformation – daher ab jetzt: Chris (he/him).Ein Grammy für Madonna für die beste Nebenrolle – und natürlich einen für Chris PARANOÏA, ANGELS, TRUE LOVE bietet fantastische Synth-Pop-Tracks wie „To Be Honest“ oder „True Love“ – das sind die Singles. Doch was sich um sie herum abspielt, macht diese Platte so überirdisch gut. Chris steigt intim ein: „Tears Can Be Soft“ enthält ein Marvin-Gaye-Sample, der Sound erinnert an WHAT’S GOING ON. Der elegante Neo-R’n’B-Track „A Day In The Water“ zeigt, wie wichtig Chris auf diesem Album die Melodien sind, „Track 10“ ist ein mehr als elf Minuten langer Avantgarde-Ritt, irgendwo zwischen Scott Walters Spätwerk, Drum’n’Bass und This Mortal Coil. Und dann die Auftritte von Madonna im Off: Auf drei Stücken spricht sie in der Rolle des „Auge Gottes“. Sie warnt, macht Witze, jagt Angst ein. Ein Grammy für Madonna für die beste Nebenrolle – und natürlich einen für Chris, den Protagonisten dieser unglaublichen Platte.
Dem ganzen gibts nicht viel hinzuzufügen. Für uns eines der ganz BESONDEREN Konzerte die wir erleben durften. Im September Motto „TANZ die TOLERANZ“ ein Meilenstein, der wie Magie in die Tagessuppe des 14. September 2023 passt. Wir sind  – trotz kleiner und großer Sichteinschränkungen HIN und WEG. Wir werden die Karriere weiterverfolgen. Er wird uns in ERINNERUNG bleiben, dieser 14. September.
#https://youtu.be/9q1MDHiKWkg?si=Zh-Wblm1YlWVK_Bg
,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert